Ringportrait MR Etzel & Linth
Eine zweite Bestimmung nach der Hausfrau
Eigentlich hat Irene Styger aus Schindellegi alles erreicht, was ihr wichtig war. Einen Mann, Haus und Hof, drei gesunde Kinder, die langsam von zuhause ausflogen – was brauchte sie mehr? Ihrem Vater, aber auch ihrem persönlichen Ehrgeiz verdankte sie, dass sie einen beruflichen Neuanfang wagte und einen zweiten Berufsweg einschlug.
Mit 39 Jahren entschied sich Irene, die Handelsschule zu absolvieren, um mehr Wissen und Fähigkeiten im kaufmännischen Bereich für die geplanten Büroaufgaben aufzubauen. Lange Stunden in der Schule sitzen, in einer Klasse, wo das Durchschnittsalter bei 20 Jahren lag, bestimmt nicht einfach, oder? «Irgendwie übernahm ich eben dort auch ein bisschen die Mami-Rolle für alle», und lächelte beim Gedanken an diese Zeit. Aber warum interessierte sich die Mutter und Hausfrau plötzlich für FiBu und Geschäftskorrespondenz?
Wie der Vater, so die Tochter
Der Auslöser war ihr Vater, welcher seit 23 Jahren als Geschäftsführer den Maschinenring Etzel&Linth leitete. Aufgrund seiner bevorstehenden Pension suchte er eine Nachfolge und wurde im Umfeld nicht sofort fündig. Vielleicht hatte Toni Lacher als Gründer des Maschinenringes auch gewisse Ansprüche, wem er sein «Baby» anvertraute. Irene’s jüngerer Bruder Michi übernahm den elterlichen Betrieb und war mit diesem ausgelastet. Ihre Schwester Sandra absolvierte eine Detailhandelslehre und kam deshalb nicht in Frage. Irene sagt von sich selbst, sie wäre nicht auf die Idee gekommen, hier in Vater’s Fussstapfen zu treten. Bis Toni dann selbst den Vorschlag einbrachte, Irene zur Nachfolgerin zu machen. Er meinte: »Du bist gelernte Landwirtin, kennst die Kundschaft und die Anliegen in der Branche und jetzt wo die Kinder grösser sind, wäre es doch eine gute Gelegenheit für dich!» Mit dem Maschinenring selbst hatte sie bis dahin genau genommen nicht viel zu tun. Als ihr Vater die Idee der Zusammenarbeit unter Landwirten aufgriff, wohnte sie bereits nicht mehr Zuhause und bekam somit nicht alles mit, was er da bewerkstelligte. «Auch hatte ich grossen Respekt, «seinen» Maschinenring zu übernehmen, da er ja über Jahre mit Leidenschaft dafür gelebt hat. Zudem hatte ich Bedenken, dass er sich von aussen weiterhin mit seinen Ideen einmischen würde», was der selbstständigen Irene nicht behagte.
Ihre Bedenken waren allerdings unnötig. Gemeinsam trafen sie einen Kompromiss, nämlich dass Irene die Geschäfte von ihm übernahm und er sie die ersten paar Monate anlernte und ihr alles erklärte, was sie wissen musste. Während rund einem Jahr arbeitete sich Irene also in das Amt als erste weibliche Geschäftsführerin beim MR Etzel&Linth ein und machte alles genau so, wie es ihr Vater ihr beibrachte. Im ersten Jahr wurden bewusst keine Veränderungen vorgenommen. Natürlich merkte Irene in dieser Zeit, wo es Modifikationsbedarf gab und welche Hebel sie in Gang setzen musste, um gewisse Bereiche zu optimieren. So führte sie mit ihrem Team 2017 ein neues Verarbeitungsprogramm ein, mit welchem die verschiedenen kaufmännischen Prozesse kombiniert werden konnten. «Ich war froh, dass mir mein Vater komplett freie Hand liess, nachdem er mir die Geschäftsführung übertrug. Trotzdem gab er mir jederzeit bei Fragen Auskunft, was ich sehr schätzte», erzählt Irene «und auch mein Ehemann half mir in Notfällen bereitwillig aus.» Mit viel Engagement und Pflichtgefühl übernahm Irene ihren neuen Job, absolvierte nebenbei mit Bravour die Weiterbildung an der Handelsschule und schien gerüstet für die kommenden Aufgaben.
Frauenpower im MR-Team
Irene startete mit einem Pensum von 50% und erhielt gleichzeitig von ihrer Kollegin Eliane im Büro Unterstützung für die personellen und finanziellen Belange des Ringes. Der MR Etzel&Linth ist stark im Segment Grüngutverwertung und Haushalthilfe vertreten. Das Vermitteln von Personal, die Koordination und Abrechnung ist aufwändig und erfolgt über die Maschinenring Service AG. Auch Güllenkastenkontrollen, Häckseldienste, Landschaftspflege oder Einsätze im Winterdienst gehören zu den Dienstleistungen im Ringgebiet. Inzwischen wuchs das Team auf fünf Personen an, unterschiedliche Teilzeitstellen zwar, jedoch hundert Prozent Frauenpower.
Als einzige Frau in einer sehr männergeprägten Ringlandschaft - fühlt sich Irene nicht benachteiligt? «Nein, das ist cool! Ich arbeite gerne mit Männern zusammen, weiss mich zu wehren und sage offen was ich denke. Das kommt meistens gut an», weiss die gelernte Landwirtin zu berichten.
Das Vertrauen, welches Toni vor sechs Jahren in seine Tochter Irene setzte, wurde nicht enttäuscht. Der Maschinenring Etzel&Linth ist gut aufgestellt und bereit, noch weitere Mitglieder aufzunehmen, das Potential der Region ist schliesslich vorhanden. Ob Irene auch so lange Chefin vom MR bleibt wie ihr Vater oder sogar länger? «Wir werden es sehen», antwortet sie mit einem Schmunzeln.