MR Zuger Berggebiet
Vorhandene Abfälle clever nutzen
«Die Ackerflächen des Hofes der Familie Keiser in Neuheim waren in den 90-er Jahren in einem desolaten Zustand», Albin Keiser ist heute Betriebsleiter und kann es nicht anders sagen. Schon sein Vater Franz merkte, dass es mit diesen überdüngten Böden in Zukunft schwierig wird, ordentliche Ernten einzufahren. Doch wie haben sie das Blatt gewendet?
Albin durfte den Hof per 2022 in vierter Generation übernehmen. Erst einmal bildete er sich zum Forstwart aus, hinterher startete er die Lehre zum Landwirt, was sein eigentlicher Berufswunsch war. Heute ist er froh, beides gelernt und wichtige Berufsjahre hinter sich zu finden.
Kompost als Einkommensquelle
Es ist bekannt, dass guter Humuskompost die Bodeneigenschaften verbessert und zur Rekultivierung dient. Doch Vater Franz wollte damit auch Geld verdienen. Wie macht man das? Als heranwachsender Bub bekam Albin alles rund um den neuen Geschäftszweig der Kompostierung mit über. «Ich habe praktisch Kompost im Blut, weil ich damit aufgewachsen bin», witzelt er. 1994 gründeten einige MR-Mitglieder zusammen die Interessensgemeinschaft «Qualitätskompost» und unterzeichneten unter Mithilfe des Maschinenringes die ersten Grüngutverträge mit den Gemeinden Menzingen und Neuheim. So wurden Gartenabfälle bei einigen MR-Mitgliedern mit hofeigenem Stallmist gemischt und in sogenannte Mieten auf einer Fläche von 50 Metern Länge, 2.5 Meter Breite und 1.5 Meter Höhe angelegt. Nachfolgend beginnt die Zeit des Beobachtens und der Pflege. Dies bedeutet eingangs zweimal täglich die Masse drehen und wieder schön mit Vlies zudecken. Zwischendurch wird der CO2 Gehalt gemessen. Die Rotte sollte im Zentrum während ca. vier Wochen rund 60 Grad Celsius als konstante Temperatur aufweisen. Schliesslich ist der Verrottungsprozess nach zwei bis drei Monaten abgeschlossen und der natürliche Dünger kann ausgetragen werden. Heute übernimmt Albin diese Aufgabe: «Mit der Erfahrung wird es immer einfacher richtig zu kompostieren.»
Woher kommt die schwarze Erde?
Kompostierung war nur ein Teil, als der Druck damals seitens Zweckverbände zu vermehrter energetischer Nutzung stieg. Also begannen die Landwirte zusätzlich, angelieferten Baum- und Strauchschnitt zu häckseln und auszusieben. Die getrockneten Holzschnitzel werden weiterverkauft und zum Heizen verwendet. Übrig bleibt ein Feinanteil, welcher beim Brennvorgang zu wenig Energie abgeben würde, weshalb dieser zu Pflanzenkohle weiterverarbeitet wird. Albin kombiniert den Kompost mit Pflanzenkohle und stellt so ein veredeltes Naturprodukt her. Die Pflanzenkohle entspricht den hohen Qualitätszielen und ist inzwischen EBC Futter (Europäische Pflanzenkohle Zertifikat) zertifiziert.
Die Komposterde (mit oder ohne Pflanzenkohle) wird über die Firma Bionika vertrieben und Private nutzen den Humus gerne z.B. für ihre Hochbeete. Aber auch Gärtnereien oder Gemeinden kaufen gerne diesen Humus und begrünen damit öffentlichen Plätze. So ist u.a. das Bodensubstrat der Bäume um den Zürcher Sechseläutenplatz oder der Linde auf dem Landesgemeindeplatz in Appenzell mit Bionika Schwarzerde und Pflanzenkohle angereichert.
Dank dem Maschinenring Zuger Berggebiet erhielten mehrere Landwirte in der Region eine grossartige Möglichkeit des Nebenerwerbes. Und die Zusammenarbeit untereinander intensivierte sich durch das gemeinsame Ziel, welches sie vor Augen hatten. Fredy Abächerli, Geschäftsführer des MR: «Im Weiteren übernimmt der MR die Koordination von Arbeiten wie Grünguttransporte, der Häckselaufträge oder das Abrechnen für die Beteiligten.»
Es braucht mehr Mut in der Landwirtschaft
Humusaufbau ist kosten- aber vor allem auch zeitintensiv und geschieht nicht von heute auf morgen. Albin dazu: «Ich bin stolz auf meinen Vater, dass er den Mut fasste, diese Thematik damals anzupacken und ich würde mir wünschen, dass es mehr Pioniere in der Landwirtschaft gäbe, die etwas Neues auszuprobieren wagen». Ideen und Projekte gibt es derzeit viele. Oftmals fehlt es leider an der konkreten Umsetzung oder der angefangene Weg wird nicht beendet.
Albin führt heute einen Klima-Farming-Pionierbetrieb und schlägt mindestens zwei Fliegen mit einer Klappe. Ein interessanter Nebenerwerb mit der Kompost- und Pflanzenkohle-Herstellung und zudem ein verbesserter Humusgehalt in der Erde seiner heute ohne Agrochemie gut funktionierenden Böden.