Wie alles begann
Vier Gründungsmitglieder erinnern sich
In den 2000-er Jahren existierten in der Schweiz bis zu 80 meist kleinere Maschinenringe, die sich in der Landwirtschaft aktiv zeigten. Wir haben vier ehemalige Geschäftsführer im Interview befragt, warum sie den Schritt gemeinsam in die Zukunft wagten:
Hansruedi Osterwalder:
Gründungsmitglied MR Thurgau, Präsident MR Thurgau, zeitweise Geschäftsführer MR Thurgau und später langjähriges Vorstandsmitglied beim MR CH und von 2007-2009 Geschäftsführer von MR CH.
Fredy Abächerli:
Gründungsmitglied und Geschäftsführer MR Zuger Berggebiet seit 1990, Gründungsmitglied MR CH und seit der ersten Stunde im Vorstand vertreten. Seit 2013 Präsident vom Verein MR CH.
Toni Lacher:
Gründungsmitglied und Geschäftsführer MR Etzel & Linth von 1993 bis 2015, langjähriges Vorstandsmitglied MR CH.
Jürg Grob:
Gründungsmitglied und Geschäftsführer MR Surselva, später regionaler Geschäftsführer MR Graubünden, Gründungs- und Vorstandsmitglied MR CH sowie erster Präsident MR CH von 2002 bis 2008.
Was war eure Motivation und Vision, euch für die Gründung eines nationalen Ringes einzusetzen? Wie seid ihr damals vorgegangen und wie habt ihr euch «gefunden»?
Jürg: Alle regionalen Ringe wuchsen, weiteten ihr Dienstleistungsangebot aus und kamen "organisatorisch" an ihre Grenzen. Steuerliche und IT-technische Anforderungen gab es zu vereinbaren. Schnell wurde klar, dass solche Herausforderungen zentral angegangen und gelöst werden müssen. Das Ziel war, dass die regionalen Ringe dann von diesem Wissen profitieren und sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.
Hansruedi: Der Maschinenring Thurgau war damals stark in der Betriebshilfe und wurde auch aus anderen Regionen angefragt. Die regionalen Betriebshelfer jedoch waren immer weniger bereit, für mehrere Wochen überregional zu arbeiten. Mit dem verbesserten Austausch in Form von Infotreffen untereinander, aber auch durch direkte Kontakte mit anderen Ringen liessen sich Betriebshilfe-Einsätze zielführend organisieren.
Fredy: Der Schweizerische Verband für Landtechnik (Technische Kommission 3) organisierte in den 90iger Jahren jährlich eine Tagung für die Maschinenringe mit dem Thema der überbetrieblichen Zusammenarbeit. Es zeichnete sich aber schnell ab, dass diese Treffen nicht ausreichend sind und weiteres Engagement für den Maschinenring notwendig ist, um die Probleme und Herausforderungen der Ringe zu meistern. Eine selbstständige Weiterentwicklung war die logische Folgerung.
Toni: Der Maschinenring Österreich wickelte den gesamten Personalverleih ausschliesslich über den Verband ab, der Maschinenring Deutschland tat dies bei zahlreichen Bereichen auch. Diese Vorgehensweise empfanden wir stimmig und beeinflusste unseren Entschluss, dass wir uns besser organisieren und näher zusammenkommen müssen.
Gab es in den regionalen Ringen bei den Mitgliedern Diskussionen über die Gründung eines Dachverbandes? Gab es Ängste, kritische Stimmen?
Toni: Die Geschäftsführer waren gut vernetzt und mit den zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert. Das Hauptproblem zu dieser Zeit war, dass die Mitglieder mit den nationalen Entwicklungen nicht Schritt halten konnten, teilweise gar nicht wussten was lief. Dies war sicherlich nicht optimal.
Jürg: Seitens der Mitglieder gab es keine kritischen Stimmen – ich behaupte, es war ihnen sogar gleichgültig, solange die Dienstleistungen wie gewohnt abgewickelt wurden.
Was waren die wichtigsten Meilensteine/Schlüsselereignisse in den letzten 20 Jahren? Welche besondere Situation/Begebenheit bleibt euch in Erinnerung?
Fredy: Als Claudio Müller die Geschäftsführung des Dachverbandes übernahm, wurde ein Leitbild erarbeitet, welches bis heute noch gilt. Dieses Leitbild war ein wichtiger Schritt für die künftige Zusammenarbeit. Es gab Zeiten, in welchen sich der Dachverband nicht stark weiterentwickelte, immer wieder über dieselben Themen diskutierte und nicht vorankam. Erst in den vergangenen rund sieben Jahren begannen die Strukturen richtig zu greifen und es ging voran, der Dachverband konnte zwei Grossaufträge mit nationalen Partnern erlangen und seither läufts rund.
Hansruedi: Lange Zeit schaute jeder Ring, was seine Nachbarn machten, gingen nach Hause und setzten was Machbar war selber nochmals um. Die Gründung der MBRsolar AG änderte dies grundlegend. Seit 2008 baute die Tochtergesellschaft des MR Ostschweiz bei zahlreichen Mitgliedern Solaranlagen und bewies damit, dass der Ring seinen Mitgliedern einen Nutzen generieren kann. Mit dieser Dienstleistung begann die Erfolgsgeschichte des MR Schweiz.
Fredy ergänzt: Fast alle Ringe arbeiteten fortan mit der MBRsolar AG zusammen, organisierten Informationsveranstaltungen und verhalfen damit zu zahlreichen Aufträgen bei den Mitgliedern. Erstmals funktionierte das Netzwerk und jeder Involvierte profitierte. Hermann Gahr, Geschäftsführer beim Maschinenring Tirol (AT) erklärte einst an einem Vortrag, dass der Maschinenring Personen beschäftigen sollte, welche vom Charakter und von der Einstellung her Dienstleister sind, keine Hierarchen oder Patriarchen. Dies bewies sich beim Solargeschäft sogleich.
Toni: Ja, mit der Solargeschichte begann der Erfolg! Für einige interessierte Mitgliedern aus meinem Ringgebiet knüpfte ich den Kontakt zur MBRsolar AG und meines Wissens kam es dann immer zu einem Geschäftsabschluss. Für alle Beteiligten war und ist diese Zusammenarbeit eine tolle Sache.
Was ist das Erfolgsrezept des Maschinenring Schweiz?
Fredy: Am Ball bleiben! Wichtig ist immer einen Schritt voraus zu sein, die Herausforderungen der Zeit zu erkennen und schnelle und gute Lösungen zu kreieren, diese unseren Mitgliedern anbieten und damit eine Wertschöpfung generieren. Die aktuelle Struktur des MR Schweiz ist optimal: jeder Ring kann seine lokalen Stärken und Tätigkeiten ausüben und von den Dienstleistungen des Dachverbandes profitieren. Damit stärken wir jeden einzelnen Ring und können allen Mitgliedern dieselben Vorteile bieten. Der Kontakt zu den Mitgliedern ist zentral – sie müssen wissen was auf den Geschäftsstellen läuft und wohin der Weg führt.
Jürg: Jeder Ring ist so gut wie seine Geschäftsführung. Eine motivierte, intelligente Geschäftsführung ist der Schlüssel zum Erfolg.
Hansruedi: Es braucht vier Dinge: Eine gute Idee, beharrliche Umsetzung, eine vernünftige Kostenstruktur sowie intelligente und begeisterte Leute.
Bei einer grafisch Darstellung der Ringgebiete in der Schweiz fällt schnell auf, dass es noch weite Gebiete gibt, welche keinem Ringgebiet angehören. Warum ist das so?
Fredy: Ich sehe das Hauptproblem in der fehlenden Schulung/Beratung. Die landwirtschaftlichen Berater sind mit den agrarpolitischen und administrativen Themen dermassen ausgelastet, dass zu wenig Zeit für Weiterentwicklungen wie die Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit bleibt. Meines Erachtens müsste dieses Thema tief in der landwirtschaftlichen Grundausbildung verankert sein. Solange dies nicht der Fall ist, träumen zu viele Junglandwirte von einem grossen Hof mit grossen Maschinen und eigenem Lohnunternehmen – aber zu wenige mit jemandem zusammenzuarbeiten. Zur Gründung eines Ringes braucht es immer ein Geschäft, einen sogenannten "Aufhänger". Die überbetriebliche Zusammenarbeit muss das Fundament dazu sein und dieses fehlt oftmals. Aus diesem Grund hat der Maschinenring auch weitere Arbeitsbereiche wie beispielsweise die Einkaufsgemeinschaften aufgenommen, um seinen Mitgliedern weitere Vorteile zu verschaffen.
Jürg: Heute kommen junge Berufsleute aus den landwirtschaftlichen Schulen und wissen nichts vom Maschinenring – noch schlimmer, sie wollen gar nichts wissen! Es darf nicht passieren, dass die jungen Bäuerinnen und Bauern das Gefühl haben, sie müssten jede Maschine besitzen. Hier ist ein grosses Manko vorhanden. Ich bin überzeugt, dass die Schweizer Landwirtschaft mit einem Drittel weniger Landmaschinen ohne Einbussen auskommen würde. Ich kann daraus nur schliessen, dass es den Landwirtschaftsbetrieben zu gut geht.
Heute hat der Maschinenring Schweiz rund 6500 Mitglieder, eine gut aufgestellte Geschäftsstelle, ist aktiv vernetzt und in der Lage mit seinen Mitgliedern namhafte nationale Aufträge im Bereich der Grünraumpflege sowie der Schneeräumung auszuführen. Hat sich der Dachverband so entwickelt, wie du dir das vor über 20 Jahren vorgestellt hast?
Toni: Wir waren immer überzeugt, dass der Maschinenring funktionieren würde, dass er sich aber plötzlich so schnell entwickelt, hätte ich nicht gedacht. Nach der Gründung des Dachverbands Maschinenring Schweiz im 2002 gab es Hürden zu nehmen. Es brauchte Zeit und Ressourcen, den heutigen Weg und das gemeinsame Gedankengut aus allen regionalen Ringen zu bündeln und zu organisieren. Die regionalen Ringe hatten verschiedene Standbeine, waren unterschiedlich organisiert und das Spektrum der Mitgliederzahlen war gross. Aber eines hatten alle Ringe gemeinsam: die Aufgabenbereiche und Auftragsvolumen wuchsen an und die Ringe standen mit ihrer Struktur an.
Wir haben mit nichts begonnen, Auftrag für Auftrag an Land gezogen und sind stetig gewachsen. Wir benötigten nie ein Darlehen, finanzierten uns immer innerhalb des Ringes. Der Zusammenschluss über den Dachverband professionalisierte die regionalen Ringe und eröffnete die Möglichkeit, Grossaufträge anzunehmen und durchzuführen – dies wäre für einen kleinen, regionalen Ring unmöglich. Wichtig bei einer solchen Zusammenarbeit ist, einander etwas gönnen können – von Ring zu Ring und von Mitglied zu Mitglied.
Der Maschinenring Schweiz steht heute auf stabilen Beinen. Wie sollen die nächsten 20 Jahre für den MR CH aussehen? Welche Entwicklungen stehen eurer Ansicht nach an? Welche Themen sollte der Dachverband aufgreifen?
Hansruedi: Die Übermechanisierung wird die Landwirtschaft weiterhin begleiten – wenn ich denke, wie viel Kapital auf den Betrieben gebunden ist, wird dies auch für den MR ein zentrales Thema bleiben.
Fredy: Der Maschinenring muss nahe am Geschehen bleiben – überall dranbleiben. Der MR ist prädestiniert, Projekte mit seinen Mitgliedern schlagkräftig, kompetent und zu fairen Preisen durchzuführen. Leider ist der Berufsstolz bei den Bauern nur noch spärlich spürbar – der einzige Stolz für viele ist eine grosse Maschine, oder teure Schaukühe zu besitzen. Wir müssen es schaffen, vielseitige Dienstleistungen zu schaffen, welche von möglichst vielen Mitgliedern genutzt werden können.
Jürg: Für mich führt kein Weg am Zusammenarbeiten vorbei – wie soll die graslandbasierte Berglandwirtschaft ohne überbetriebliche Zusammenarbeit und Übermechanisierung mit grossen Betrieben im Unterland Schritt halten können, welche ihren Betrieb vielseitiger bewirtschaften können? Aus meiner Sicht ist das unmöglich.
Hansruedi: Alle Themen, welche von der Basis gewünscht oder nötig sind, sind künftige
Tätigkeitsfelder des Maschinenrings.